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Bericht aus der Die Mitte | EVP-Fraktion und dem Grossen Rat vom 20. März 2024 von Kantonsrat Josef Gemperle, Fischingen

22. März 2024

Der Grosse Rat tagt turnusgemäss wieder in Frauenfeld, diesmal ganztägig mit entsprechend vielen Traktanden, die aber längst nicht alle behandelt werden können.

Erstes Geschäft ist die zweite Lesung zur Änderung der Geschäftsordnung des Grossen Rates des Kantons Thurgau. Hier wird entgegen den Gepflogenheiten noch ein Antrag seitens der EDU eingebracht, aber überaus deutlich abgelehnt. Die Sitze in den Kommissionen werden somit weiterhin im Verhältnis zur Parteienstärke vergeben.

Als nächstes stehen Eintreten und erste Lesung der Änderung des Waldgesetzes auf der Traktandenliste. Und hier zeigt sich in aller Härte, wie wenig konsequent die Gesellschaft ist, wenn Schutz von Fauna und Flora im Wald und seine ganze Biodiversität dem eigenen Bedürfnis nach völliger Bewegungsfreiheit im Wald entgegenstehen. Die Waldgesetzgebung des Kantons Thurgau hat sich im Grundsatz bewährt, in den letzten Jahren haben sich aber verschiedene Herausforderungen rund um den Wald akzentuiert. Insbesondere illegale Abfallablagerungen, sowie ausufernde Freizeitaktivitäten und anderes mehr beschäftigen den Forstdienst zunehmend, im bestehenden Gesetz fehlt aber die Möglichkeit, Verfehlungen zu ahnden. Im Vorfeld der Sitzung wird aus Bikerkreisen gegen die Einführung von Sanktionsmöglichkeiten geworben und Eintreten ist deshalb umstritten, SVP und FDP sind aus unterschiedlichen Gründen geschlossen dagegen. Mit 65 zu 59 wird trotzdem knapp auf die Vorlage eingetreten. In der nun folgenden ersten Lesung vermag die sachliche Argumentation unseres Fraktionssprechers Franz Eugster, (Die Mitte, Bischofszell) und unseres Regierungsrates Dominik Diezi nichts mehr zu bewirken, die entscheidenden Paragrafen 37, inkl. 37a bis d werden auf Grund eines Antrages aus den Reihen der SVP allesamt aus dem Gesetz gekippt. Für mich ist klar, ohne eine Korrektur in der zweiten Lesung bleiben Änderungen am bestehenden Gesetz, die nichts zu einer Verbesserung der Situation beitragen. So werde ich das Gesetz in der Schlussabstimmung ablehnen.

Im dritten Geschäft geht es um die Biodiversitätsstrategie Thurgau und den Massnahmenplan Biodiversität der Regierung. Der Regierungsrat sieht gemäss der Strategie Thurgau 2040 eine „prägende, einzigartig intakte sanfte Landschaft und Natur“ als einen wichtigen Erfolgsfaktor für den Kanton Thurgau. Damit wird auch der Wille bekräftigt, die biologische Vielfalt und die damit verbundenen Ökosystemleistungen zu erhalten. Regierungsrat Diezi fasst zusammen: Kerngebiete sollten besser geschützt werden, es gehe vor allem um das nichtlandwirtschaftliche Gebiet und es solle vor allem mit Anreizen gearbeitet werden. Der Bericht wird mit deutlicher Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Im vierten Geschäft geht es um einen sensiblen Bereich. Die parlamentarische Initiative „Selbstbestimmung am Lebensende auch in Pflegeeinrichtungen“ fordert, im Gesetz über das Gesundheitswesen eine neue Regelung aufzunehmen. Einrichtungen, die durch öffentliche Mittel unterstützt werden, sollen verpflichtet werden, die Möglichkeit der Inanspruchnahme organisierter Sterbehilfe (assistierter Suizid) zuzulassen. Die parlamentarische Diskussion dauert über zwei Stunden, trotzdem wird die parlamentarische Initiative klar abgelehnt.

Meine Motion „Gesetzliche Grundlagen für die Windenergie im Thurgau schaffen zur Sicherstellung einer nachhaltigen Energieversorgung und zum Nutzen für die Thurgauer Bevölkerung“ kommt erst kurz vor Sitzungsende an die Reihe. Die Versorgungssicherheit mit Energie, insbesondere mit der edelsten aller Energiearten, der Elektrizität ist in der Schweiz und damit auch im Thurgau in Gefahr. Es sind die alternden AKWs insbesondere in Frankreich, es sind die schädlichen Kohlekraftwerke insbesondere in Deutschland, es ist die extreme Abhängigkeit von Diktatoren im Bereich der fossilen Energien und des Urans, die unsere Energiesicherheit und damit das Funktionieren unserer modernen Welt gefährden. Es gibt zukünftig keine Versorgungssicherheit mit Strom in der Schweiz ohne eigene Windenergie. Windenergieanlagen produzieren zwei Drittel im Winter und über 60% zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang, das zeigen die Auswertungen von Anlagen in der Schweiz. Die Rotoren von Windrädern der neuesten Generation drehen bereits ab einer kaum merklichen Windstärke von 8 km/h. Wind und Sonne ergänzen sich in geradezu idealer Weise und sind wichtige Pfeiler für eine sichere Stromversorgung, auch alle anderen erneuerbaren Technologien können und müssen ihren Beitrag leisten. In einem direktdemokratischen Land kann nur mit der Bevölkerung und nicht gegen die Bevölkerung Energieproduktion geplant und gebaut werden. Die Bevölkerung soll am Erfolg der Anlagen beteiligt werden, ganz nach dem Vorbild der Wasserkraft, die wichtigsten Fragen für die Nutzung sollen gesetzlich geregelt und damit das Vertrauen der Bevölkerung gesichert werden. Vier der fünf Forderungen meiner Motion werden vom Rat unterstützt und damit wird eine Umsetzung ermöglicht.

Eine sehr lange und intensive Ratssitzung endet für mich persönlich und auch für unsere Fraktion doch noch mit einem sehr schönen Erfolg.

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